Jacques Prévert

geb.4. Februar 1900, Paris, als Sohn eines kleinen Angestellten. Er besuchte die Volksschule und sorgte seit 1915 für seinen Unterhalt, ohne je einen Beruf zu erlernen. 1925 lebte er in der legendär gewordenen "rue du chàteur", wo sich die jungen Surrealisten, unter anderen Breton, Aragon, Queneau, Artaud trafen. Prévert begann seine Karriere als Drehbuchautor. Am bekanntesten wurden: "Die Kinder des Olymp" (1943), "Der Glöckner von Notre Dame" (1956).

Seinem ersten Gedichtband "Paroles" (1945) habe ich der deutschen Ausgabe mit den einfühlsamen Übertragungen Kurt Kusenbergs entnommen (Umschlagsgrafik von Joan Miró). Seine Chansons sind vor allem durch Juliette Greco bekannt geworden. Prevért starb 1977 in Omonville.

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Ullrich Düwert, ein Schulfreund, mit dem ich Tonbandaufnahmen gemacht habe 1958 -1960): Gedichte von Nietzsche, Brecht, Villon und Prévert (vom Letzteren habe ich ihn das Gedicht "Die Orgel der Barbarei" 1x lesen lassen und dann sollte er es rezitieren, weil ich von seiner sprachlichen Begabung schon damals begeistert war).

Seine Ansichten über die Sozialismus und Gesellschaftseigentum waren zumindest damals radikaler, zumindest weitergehender als meine: Auf einer meiner "Partys", wo sich im ganzen Haus jeder frei bewegen konnte, essen und trinken, was Küche und Keller hergab (und das war nicht wenig ;-)!), hat mir jemand gesteckt, "der Düwert" hätte sich 'ne Dose mit Würstchen in den Mantel gesteckt! Für mich war das geklaut, glatter Vertrauensbruch! So schmiss ich ihn denn die Treppe hinunter und zum Haus hinaus! Ich weiß noch, dass ich mich über meine Rigidität gewundert habe. Mir hat's dann später leid getan ob des geringen Anlasses und wir haben uns auch wieder vertragen :O)!
Folkwang-Absolvent und Thea-Leymann-Schüler.

Die Orgel der Barbarei
(1946, Jacques Prévert)
vorgetragen von Ullrich Düwert

Ich spiele Klavier
sagte der eine
Ich spiele Geige
sagte der Andere
ich Harfe ich Horn ich Akkordeon
ich Flöte ich Fagott ich Xylophon
Und die einen und die andern redeten redeten daher
redeten davon was sie spielten
Man hörte die Musik nicht mehr
alles redete
alles redete
niemand spielte
nur ein Mann in einer Ecke schwieg
"Und welches Instrument spielen Sie mein Herr"
fragten die Musikanten
den schweigsamen Unbekannten
"Ich spiele die Orgel der Barbarei
und das Messerspiel nebenbei"
sagte der Mann der bisher so schweigsam war
und griff zum Messer und brachte stumm
die ganzen Musikanten um
und seine Musik war so wahr
so lebendig so wunderbar
daß des Hausherrn kleine Tochter
unter dem Klavier hervorkam
wo sie aus Langeweile eingeschlafen war
und das Wort nahm:
"Ich spielte Verstecken
Haschen Kreisel Ball
ich spielte in Wiesen und Hecken
ich spielte überall
ich spielte mit der Schippe
ich spielte Mutter und Vater
ich spielte gestiefelter Kater
ich spielte auf der Wippe
ich spielte Puppentheater
ich spielte mit meinem kleinen Bruder
mit meiner kleinen Schwester
ich spielte mit Boot und Ruder und mit dem Südwester
ich spielte Räuber und Polizist
doch das ist alles vorbei vorbei vorbei
jetzt will ich Mörder spielen
will spielen die Orgel der Barbarei"
und der Mann nahm das kleine Mädchen bei der Hand
und sie zogen mitsammen durchs Land
in die Städte in die Häuser in die Gärten
und sie töteten so viel Menschen wie sie nur konnten
danach heirateten sie
und hatten viele Kinder
aber
der erste lernte Klavierspielen
der zweite Geige
der dritte Harfe
der vierte Flöte
der fünfte Horn
und dann redeten sie daher
sie redeten redeten redeten
man hörte die Musik nicht mehr
und alles begann wieder von vorn!

 

 

L'Orgue de Barbarie
(1946, Jacques Prévert)
dit par Serge Reggiani

Moi je joue du piano
disait l'un
moi je joue du violon
disait l'autre
moi de la harpe moi du banjo moi du violoncelle
moi du biniou moi de la flûte et moi de la crécelle.
Et les uns et les autres parlaient parlaient
parlaient de ce qu'ils jouaient
On n'entendait pas la musique
tout le monde parlait
parlait parlait
personne ne jouait
mais dans un coin un homme se taisait:
"Et de quel instrument jouez-vous Monsieur
qui vous taisez et qui ne dites rien?"
lui demandèrent les musiciens
"Moi je joue de l'orgue de Barbarie
et je joue du couteau aussi"
dit l'homme qui jusqu'ici n'avait absolument rien dit
et puis il s'avança le couteau à la main et il tua
tous les musiciens et il joua de l'orgue de Barbarie
et sa musique était si vraie
et si vivante et si jolie
que la petite fille du maître de la maison
sortit de dessous le piano
où elle était couchée endormie par ennui
et elle dit:
"Moi je jouais au cerceau
à la balle au chasseur
je jouais à la marelle
je jouais avec un seau
je jouais avec une pelle
je jouais au papa et à la maman
je jouais à chat perché
je jouais avec mes poupées
je jouais avec une ombrelle
je jouais avec mon petit frère
avec ma petite soeur
je jouais au gendarme
et au voleur
mais c'est fini fini fini
je veux jouer à l'assassin
je veux jouer de l'orgue de Barbarie."
Et l'homme prit la petite fille par la main
et ils s'en allèrent dans les villes
dans les maisons dans les jardins
et puis ils tuèrent le plus de monde possible
après quoi ils se marièrent
et ils eurent beaucoup d'enfants.
Mais
l'aîné apprit le piano
le second le violon
le troisième la harpe
le quatrième la crécelle
le cinquième le violoncelle
et puis ils se mirent à parler parler
parler parler parler
on n'entendit plus la musique
et tout fut à recommencer!

Jacques Prévert, Paroles (1945)
©1972 Editions Gallimard

   

 


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