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Report Baden-Baden am 31. August 1998 im Ersten Die Staatsbank KfW
Moderation Bernhard Nellessen Seit Theo Waigel vor Jahren
die Zinsabschlagsteuer erfand, lernten viele Deutsche den Reiz von Nachbarländern
wie Luxemburg, Liechtenstein oder der Schweiz, ganz neu zu schätzen.
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B E R I C H T: Frankfurt/Main vor zwölf Wochen. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau, die Staatsbank, hat Geburtstag. Früher eine Minibank. Heute ein Bankenriese. Bilanzsumme: 280 Milliarden Mark. Erfolge des Geldhauses: Sie war eine Säule des Wirtschaftswunders der 50-ger Jahre und Garant für den Wiederaufbau in den neuen Ländern. Wirtschafts- und Exportförderung bis heute. Nichts ist schöner als sich selbst zu feiern - ein Heimspiel für Bundesfinanzminister Theo Waigel, zugleich oberster Kontrolleur der Staatsbank. 3.000 Gäste genießen die opulente Selbstdarstellung der KfW. Die Staatsbank hat auch eine Tochter in Amerika. Doch fast keiner kennt ihr Geheimnis. Die KfW International Finance in Wilmington im US-Staat Delaware ist eine Briefkastenfirma. Dazu der Chef der Steuergewerkschaft. O-Ton, Dieter
Ondracek (Vorsitzender Deutsche Steuergewerkschaft): Der Fachanwalt für Steuerrecht. O-Ton, Dr. Till Müller-Heidelberg (Fachanwalt für Steuerrecht): »Der Skandal, der hier ist, liegt darin, daß eine Staatsbank dazu Möglichkeiten gibt, staatliche Gesetze zu unterlaufen. Das finde ich eigentlich politisch und moralisch unerträglich.« Der Kapitalmarktexperte und Jurist. O-Ton, Axel J.
Prümm (»kapitalmarkt-intern«): Delaware - das Liechtenstein der USA - ein Steuerparadies. Die amerikanische Tochter der KfW soll angeblich hier ihren Sitz haben. Aber nur zum Schein: Kein Büro, kein Personal, kein Fax. Also kein Geschäftsbetrieb. Aber von hier aus sollen Anleihen und Schuldver- schreibungen von mehreren Milliarden Mark im Jahr ausgegeben werden. Eine zwielichtige Konstruktion. Warum? O-Ton, Dr.
Erich Diefenbacher (Bankenrechtler): Die KfW in Frankfurt. Sind die Anleihen ihrer Briefkastentochter für deutsche Steuerbürger erhältlich? REPORT hat es ausprobiert - dreimal. Ergebnis: die KfW-Wertpapiere kann man problemlos bei seiner Hausbank erwerben. Bedingung: 250.000 Mark Mindestein- lage. Alles weitere wird dann in der Schweiz abgewickelt. Zürich: Hier bekommen betuchte Steuerflüchtlinge ihr Wertpapier-Depot. Bei den Partnerbanken werden auch die Zinsen der Delaware-Anleihen gut geschrieben. Die Reise zur einsamen USA-Briefkastenfirma wäre auch ein bißchen viel verlangt. Die diskrete Schweiz liegt schließlich vor der Haustür. Eine Zahlstelle für Zinsen in Deutschland wäre ja auch eine Zumutung, der Steuer wegen. Deshalb der besondere Service der Kreditanstalt für Wiederaufbau. Zitat aus einem KfW-Anleihe-Prospekt von 1997: »Die Emittentin wird ... eine Zahlstelle (unterhalten) in einer kontinentaleuropäischen Stadt, die, solange in der Bundesrepublik geleistete Zahlungen ... der Zinsabschlagsteuer unterliegen können, außerhalb der Bundesrepublik Deutschland liegen wird.« Das klingt wie eine Handreichung der KfW zur Steuerhinterziehung. Ist das rechtens? O-Ton, Dr. Till
Müller-Heidelberg (Fachanwalt für
Steuerrecht): Umgehungsgeschäfte sind Mißbrauch von rechtlichen Gestaltungs- möglichkeiten. Das regelt eindeutig der Paragraph 42 der Abgabenordnung, sozusagen das Grundgesetz des Steuerrechts. Konsequenz: Die angeblich amerikanischen Anleihen sind in Wirklichkeit deutsche Anleihen. Das bedeutet: Die KfW müßte die Zinsabschlagsteuer der Anleger einziehen und an den Fiskus abführen. Wieviel wäre das denn bei den zweistelligen Milliardenanleihen? O-Ton, Dr. Till
Müller-Heidelberg (Fachanwalt für
Steuerrecht): »Ist die KfW ein Fall für die Steuerfahndung, für die Staatsanwaltschaft?« »Also für die Steuerfahndung eigentlich schon zwingend, weil die Steuerfahndung im Gegensatz zur Staatsanwaltschaft nicht nur Straftaten zu ermitteln hat, sondern auch Steuersachverhalte zu ermitteln hat. Und eine solche Gestaltung wie wir sie hier haben, die so verdächtig ist, die müßte die Steuerfahndung auf den Plan rufen. Für die Staatsanwaltschaft könnte es ein ausreichender Verdacht sein.« Die Vorstandsmitglieder der Kreditanstalt für Wiederaufbau - die wollte REPORT zu dieser dubiosen Geschäftspraxis interviewen. Doch das Geldhaus für Mittel und Wege lehnte ab. »Man habe andere Prioritäten«, erklärte die Pressesprecherin am Telefon. Statt Interview diverse Faxe: Nichtssagende Antworten, Allgemeinplätze, auch nach Meinung der befragten Experten. Die Bank hat natürlich einen Verwaltungsrat - das Kontrollorgan des Geldhauses und das ist hochkarätig besetzt mit einem halben Dutzend Kabinettsmitgliedern - u.a. Wirtschaftsminister Günter Rexrodt, Außenminister Klaus Kinkel, Umweltministerin Angela Merkel. Außerdem: ein CDU-Ministerpräsident, mehrere SPD-Landesminister, der DGB-Chef und: der oberste Kontrollchef dieser Staatsbank. O-Ton, Theo
Waigel (Bundesfinanzminister): Natürlich wollte REPORT auch Bundesfinanzminister Waigel interviewen: »Keine Zeit«, war die Antwort. Heute dann ein Fax auf unsere Fragen: Der Vorwurf, die KfW fördere mit den Delaware-Anleihen die Umgehung deutscher Steuern, sei - Zitat »nicht begründet und nicht haltbar.« Starke Zweifel sind angebracht. Denn REPORT hat insgesamt sechs Experten befragt: zwei Steuerrechtler, einen Bankexperten, einen Fachmann des Kapitalmarktes und einen Vertreter der Steuerfahndung. Das Urteil aller Experten über die Bank: 1. Die KfW-Delaware Anleihen sind bestens geeignet, die Zinsabschlagsteuer zu hinterziehen. 2. Gegen die Staatsbank besteht der Verdacht der Anstiftung oder Beihilfe zur Steuerhinterziehung. Und was wird jetzt passieren? Wahrscheinlich gar nichts! O-Ton, Dr.
Erich Diefenbacher (Bankenrechtler):
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