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Bundestagsadler  Deutscher Bundestag - Bundestag Heft 19/13.11.96
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Finanzen: Rätsel um Schließfach nach wie vor ungelöst

Untersuchungsausschuß vernahm vier Zeugen - Parteivermögen sollte in den Westen gebracht werden

"Das ganze ist für mich eine Grauzone", stellte Christa Wachsen am 7. November vor dem 2. Untersuchungsausschuß "DDR-Vermögen" fest. Die Zeugin sollte genaue Angaben darüber machen, wann und wie oft sie an einem Schließfach in der Westberliner Scheurmann-Bank als Bevollmächtigte von Sigrid Schalck-Golodkowski gewesen ist und was sie aus dem Schließfach entnommen hat.

Sie bestätigte, daß die Eintragungen, daß sie am 15., 18. und 22. Januar 1990 am Schließfach gewesen ist, richtig seien müßten, obwohl sie in Erinnerung gehabt habe, bereits im Dezember 1989 während der Untersuchungshaft von Dr. Alexander Schalck-Golodkowski für dessen Frau tätig geworden zu sein. Schalck war am 15. Januar 1990, wie vom Ausschuß vorgehalten wurde, aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Die Zeugin konnte sich nicht mehr erinnern, wer mit ihr zum Schließfach gegangen war.

Drei braune Umschläge

Bei einem zweiten Besuch des Schließfachs habe sie drei braune Umschläge entnommen, über deren Inhalt Sigrid Schalck-Golodkowsk ihr gesagt habe, es handele sich um persönliche Dinge. Sie habe auch nicht nachgefragt und verneinte Fragen, ob sie habe feststellen können, daß Geld in den Umschlägen gewesen sein könnte. Verwundert zeigte sich die Zeugin, daß sie bereits am 29. August 1989 als Bevollmächtigte benannt worden sein soll. Sie stellte fest, daß sie nicht vor Januar 1990 und nie mit Sigrid Schalck-Golodkowski, die das Schließfach unter ihrem Mädchennamen Sigrid Gutmann eröffnet hatte, in der Bank gewesen sei.

Christa Wachsen teilte ferner mit, daß Sigrid Schalck-Golodkowski oft unter ihrem Mädchennamen aufgetreten sei. Auf Fragen aus dem Ausschuß, warum sie das Fach habe leeren müssen, erklärte sie, Sigrid Schalck-Golodkowski habe sich nicht in die Öffentlichkeit getraut. Nach den Unterlagen in der Bank war sie im September mehrere Male am Schließfach.

Der Untersuchungsausschuß hatte zuvor die damals für Schließfächer zuständige Sachbearbeiterin in der Bank, Annabelle Weber, darüber vernommen, wie die Eintragungen auf der Karteikarte zu dem Schließfach von Sigrid Schalck-Golodkowski beurteilt werden müßten. Dabei wurde festgestellt, daß nicht alle Eintragungen von Weber gemacht worden waren.

Die Zeugin vermutete, daß jemand anderes Eintragungen vorgenommen bzw. Paraphen nicht gemacht habe. Sie bestätigte, daß die Karteikarte in ihrer Struktur "unüblich" sei. Danach sei die Vollmacht bereits im August 1989 erteilt worden. Bei einer Gegenüberstellung erklärten die beiden Zeuginnen, sie könnten sich nicht daran erinnern, sich in der Bank gesehen zu haben.

Aufschluß über die Verwicklungen westlicher Unternehmen bei dem Versuch, SED/PDS-Vermögen in die Sowjetunion zu transferieren - es ging um rund 100 Millionen DM, die 1990 für die angebliche Förderung von Studenten durch eine Firma in Moskau geschuldet waren - erwartete der Untersuchungsausschuß, als er die Unternehmer Siegmund Klostermann und Karlheinz Kaufmann als Zeugen vernahm.

Kaufmann, in der DDR aufgewachsen, versicherte den Abgeordneten, er sei auf die Idee gekommen, Parteivermögen "zu retten", weil die Befürchtung bestanden habe, die Partei würde enteignet. Er sei von niemandem beauftragt worden. Sein Plan von April/Mai 1990 habe auf seinen während seiner FDJ- und SED-Tätigkeit geknüpften Verbindungen in die Sowjetunion beruht.

Handel geplatzt

Ziel sei es gewesen, durch Gründung von Unternehmen im Westen das nach Moskau transferierte Geld umzuleiten. Daß dies zu dem Zeitpunkt gesetzlich nicht mehr zulässig gewesen sei, habe er nicht beachtet. Der Handel sei geplatzt, weshalb er auch ein Parteiausschlußverfahren angehängt bekommen habe. Die Basis habe aber dagegen votiert.

Kaufmann, der jetzt mit zwei Handelsfirmen Beziehungen zwischen deutschen und russischen Unternehmen herstellen will, sagte, daß er mit Klostermann, der in Bocholt Unternehmer war, über die nordrhein-westfälische DKP bekannt geworden war. Er habe den Eindruck gehabt, daß Klostermann gern umfangreiche Geschäfte getätigt hätte. Auch wenn er ihm nichts über die Herkunft der Gelder mitgeteilt habe, vermute er doch, daß Klostermann etwas geahnt haben müsse. Klostermann bestritt dies, weil es nicht außergewöhnlich gewesen sei, daß für Studentenförderung größere Beträge fällig geworden seien.

Klostermann selbst, der sich durch das geplatzte Geschäft und die damit einhergegangenen polizeilichen und gerichtlichen Ermittlungen wirtschaftlich und gesundheitlich ruiniert sieht, hatte für Kaufmann Verbindungen in die Niederlande angebahnt, wo in Utrecht, wie Kaufmann sagte, eine Immobilie erworben werden sollte. Dafür sei auf ein Konto von Klostermann ein Betrag von einer Million DM überwiesen worden.

"Provision vereinbart"

Die Anweisung habe Kaufmann als Bevollmächtigter der russischen Firma gegeben. Klostermann selbst hatte dieses Geld nach eigenen Angaben als seines angesehen. Kaufmann habe ihm bestätigt, daß er für zukünftige Geschäfte eine Vermittlungsprovision erhalten sollte. Beide Zeugen betonten, daß sie ihre niederländischen Partner als seriös eingestuft hatten. Heute wisse er mehr über seine Partner von damals, meinte Kaufmann. Bei den Russen sei er der "Guru" gewesen.

Befragt, inwieweit die Parteispitze involviert war, verwies Kaufmann auf die Vollmachten der Parteisekretäre. Da er die Zustimmung des zweiten Sekretärs gehabt habe, habe er sich in seinen Aktivitäten gedeckt gefühlt. Ob Gregor Gysi etwas gewußt habe, sei ihm nicht bekannt gewesen. Nach dem Scheitern des Transfers habe er in Moskau erfahren, daß nichts mehr zu machen sei. Gysi sei nach ihm in Moskau gewesen.

Kaufmann versicherte, 1990 hätten sich viele Gedanken gemacht, Parteivermögen zu sichern. Das habe zu Vorschlägen von Mitgliedern geführt, ihnen Geld auszuzahlen, das später wieder zurückgegeben werden sollte. Er bestätigte auch, daß Parteigelder und Darlehen zum Aufbau von Firmen gegeben wurden.

Herausgegeben vom Pressezentrum des Deutschen Bundestages.
Nachdruck mit Quellenangabe kostenlos. Belegexemplar an:
Deutscher Bundestag, Pressezentrum, Bundeshaus, 53113 Bonn

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